03.05.2022 | Lesedauer: 7 min.
E-Commerce, Online-Marketing, Home Office, Online-Events: Covid-19 brachte eine „Zwangsdigitalisierung“ mit sich. In vielen Branchen mussten Unternehmen ihre Strategien und Abläufe ad hoc neu gestalten. Doch so sehr der digitale Wandel zunächst aus der Not heraus geschah, so große Chancen bietet er für Ihr Unternehmen mittlerweile…
„Digitalisierung“ – das war bis Anfang 2020 ein modisches Schlagwort, mit dem man auf Messen und in Meetings gerne die eigene Zukunftsorientierung betonte, ohne dass allzu konkrete Maßnahmen folgen mussten. Dann kam die Corona-Krise, und der digitale Wandel musste quasi über Nacht passieren: Schüler wurden online unterrichtet, Events, Messen und Meetings fanden virtuell statt, das Wohnzimmer wurde zum Büro, und der E-Commerce ersetzte zu großen Teilen das Einkaufen in Ladengeschäften. So ist zum Beispiel innerhalb von zwei Jahren der Anteil von im Internet verkauften Waren in Deutschland von 58 Prozent auf 85 Prozent nach oben geschnellt, wie die Tagesschau berichtete.
Die Zeichen stehen auf digital …
Sehr viel deutet darauf hin, dass der Digitalisierungstrend auch nach der Krise weiter anhält, wie eine qualitative Studie des Handelsverbands Deutschland nahelegt. Denn zuerst hätten Verbraucher ihre Kaufgewohnheiten gezwungenermaßen – aufgrund diverser Maßnahmen und Beschränkungen – ändern müssen, bald jedoch die Vorteile des Online-Handels kennen und schätzen gelernt. Diese liegen sowohl im Komfort, das Haus zum Einkaufen nicht verlassen zu müssen als auch im Gefühl von Sicherheit, sich keinem unnötigen Hygiene-Risiko auszusetzen. Ähnlich sieht das Institut der Deutschen Wirtschaft die Lage: Sobald Konsumenten Accounts bei E-Commerce-Händlern angelegt hätten und mit den Abläufen vertraut seien, sei die Hürde größer, in einem Ladengeschäft einzukaufen als online. Die veränderten Konsumgewohnheiten sind also gekommen, um zu bleiben. Im Einzelhandel ist deshalb damit zu rechnen, dass auch in Zukunft digitale Angebote immer mehr die alten Geschäftsmodelle ersetzen werden.
… im Einzelhandel und in anderen Branchen
Doch auch in anderen Branchen haben sich die Gewohnheiten verändert, und die Marktteilnehmer darauf zu reagieren begonnen. Etwa im Gesundheitswesen, wo Gesundheits-Apps bei der Behandlung unterstützen, die elektronische Patientenakte zur Normalität wird und Videosprechstunden beim Arzt angeboten werden. Auch vor dem B2B-Bereich macht der Corona-bedingte digitale Wandel nicht Halt. Denn auch Geschäftskunden haben ihre Kaufgewohnheiten geändert und stellen damit neue Anforderungen an den Vertrieb, insbesondere was die Kundenbetreuung angeht.
Die gute Nachricht in Bezug auf den digitalen Wandel: Digitalisierungsbemühungen, die in (oder noch vor) der Corona-Krise unternommen wurden, waren alles andere als umsonst, ja sogar eine weise Investition in die Zukunft. Die schlechte Nachricht: Eine Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität wird es auch nach überstandener Krise nicht geben.
Und gleich noch eine schlechte Nachricht: Mit dem Trend zum digitalen Einkauf sind auch die Ansprüche gestiegen an Service und Visualisierung in Online-Shops – das sieht zumindest der Handelsverband Deutschland für den Einzelhandel. Unkomplizierte Retouren, eine weitreichende Rückgabe-Kulanz sowie eine optisch umfassende und reale Darstellung der Ware würden immer mehr als selbstverständlich angesehen. Dies ist auch nur logisch, wenn man bedenkt, dass die Konsumenten dieselben geblieben sind: Sie kaufen zwar online statt im Geschäft, legen aber weiterhin Wert auf ein positives Shopping-Erlebnis.
Chancen durch die Digitalisierung
Ist der E-Commerce also zum gefährlichen Gegner für den stationären Handel geworden? Nur, wenn man Online und Offline als voneinander getrennte und miteinander konkurrierende Bereiche sieht. Denn tatsächlich bietet das Internet viele Chancen für Händler: Zuerst einmal sind Kosten für Strom, Ladenmiete und Verkaufspersonal beim Online-Geschäft praktisch nicht vorhanden. Dann steht eine potenziell viel größere Kundschaft zur Verfügung, da das Angebot nicht lokal beschränkt werden muss. Mit den heutigen Möglichkeiten in puncto Versand, Rechnungsstellung etc. steht vielen Händlern (je nach Produkt und Zielgruppe, versteht sich) sprichwörtlich die ganze Welt offen.
Vor allem aber ist der Online-Handel sehr viel besser skalierbar als ein Ladengeschäft. Denn ein solches kann nur bis zu seinen physischen Kapazitätsgrenzen wachsen. Sollen darüber hinaus mehr Kunden bedient werden, muss das Personal aufgestockt oder eine neue Filiale eröffnet werden. Großes Wachstum ist also nur mit signifikant steigenden Kosten zu bewältigen. Das ist im Internet anders: In einem professionell betriebenen Online-Shop verursachen zehn Kunden pro Tag einen ähnlichen Aufwand wie 100 oder 1.000. Ein Vervielfachen des Umsatzes kann mit dem nahezu gleichen Setting und nahezu gleichen Fixkosten realisiert werden. Wenn man die Möglichkeiten der Industrie 4.0 ausschöpft, betrifft das nicht nur Personal und IT-Ressourcen, sondern z. B. auch Lagerkapazitäten (Stichwort Just-in-time) und Verwaltung. Nicht zuletzt kann ein viel größeres Produktportfolio angeboten werden als dies die meisten physischen Läden aus Platzgründen könnten. Das vermeintliche „Abwandern“ der Kunden bietet Händlern also enorme Möglichkeiten, wenn man mit den Kunden mitgeht. Denn die Kundschaft geht nicht verloren; sie kauft nur anders ein als vor der Corona-Pandemie.
Wie sich digitales und stationäres Geschäft gegenseitig ergänzen
Und hier liegt der nächste Knackpunkt: Dass anders eingekauft wird, bedeutet nicht, dass der Offline-Handel damit obsolet wird oder aufgegeben werden sollte. ROBO (Research Online, Buy Offline) ist ein Begriff, der bereits vor Corona die enge Verzahnung von digitalem und stationärem Business ausdrückte. Viele Kunden kaufen zwar im Laden, führen aber vorher im Internet eine ausführliche Recherche zu dem gewünschten Produkt durch, vergleichen die Preise bei unterschiedlichen Händlern, und wollen im Laden lediglich noch zwischen zwei Produktvarianten entscheiden, die richtige Größe wählen oder sich von der Haptik der Ware überzeugen. Für Händler bedeutet dies, dass sie ihre Kunden bereits vor Betreten des Ladens beraten und betreuen können und müssen. Auch hier ergibt sich wieder die Chance, eine potenziell unbegrenzt hohe Anzahl an Kunden anzusprechen (eben nicht nur die, welche den Laden bereits kennen) und sie mittels hilfreicher Infos und guter Beratung – etwa in Form von FAQs, Blogartikeln, Videos und anderem Online-Content – an sich zu binden. Im Laden selbst kann dann umso schneller zum Kaufabschluss übergegangen werden. Gleichzeitig ergibt sich aber seit Corona auch die Notwendigkeit, dies zu tun, da Laufkundschaft rarer wird, beziehungsweise die Kundschaft lieber im Internet recherchiert als alle relevanten Läden abzuklappern.
Die Umkehrung von ROBO existiert genauso: Research Offline, Buy Online. Manche Kunden entdecken ein Produkt im Laden, sind aber noch nicht überzeugt oder noch nicht zum Kauf bereit. Auch in diesem Fall tut man gut daran, einen nach allen Regeln der Kunst optimierten Online-Shop anzubieten. So kann man dem Kunden die Möglichkeit eröffnen, das Produkt später entspannt online zu bestellen. Hier zahlt es sich aus, wenn man in SEO und SEA gute Arbeit geleistet hat: So landet der eigene Shop in Suchmaschinen vor der Konkurrenz, wenn sich der Kunde nach dem Besuch im Laden noch anderweitig im Netz umsieht. Wir halten fest: Im Laufe der Customer Journey wechseln Kunden gerne zwischen Online- und Offline-Services hin und her. Und wer die digitalen Kontaktpunkte nicht nutzt, lässt sich einen großen Teil der Kunden links liegen.
Neue Marktlücken
Eine weitere Chance, die der Corona-bedingte Wandel bietet, liegt in der gesteigerten Nachfrage nach innovativen digitalen Lösungen. Denn es haben sich diverse Marktlücken eröffnet, die noch lange nicht geschlossen sind. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) bescheinigt Deutschland in der öffentlichen Verwaltung, an Schulen und Hochschulen, aber auch in anderen Bereichen großen Nachholbedarf, was digitale Technologien und Prozesse betrifft. Gleichzeitig könne der Einsatz solcher Technologien produktivitätserhöhend wirken und neue Wertschöpfungsmöglichkeiten erschließen – es herrscht also Bedarf und Mangel zugleich. Hier können Unternehmen, die z. B. Lösungen zu Datentransfer, Datenschutz oder Automatisierung von Prozessen anbieten, wachsende oder gar neu entstehende Märkte bedienen.
Stetig verbesserte digitale Infrastruktur
Auch von Regierungsseite hat man die Zeichen der Zeit erkannt: Im Rahmen der Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung sind seit Covid-19 die Bemühungen verstärkt worden, den Breitbandausbau voranzutreiben. So kann in Zukunft mit einer stetigen Verbesserung der Infrastruktur gerechnet werden, was gute Voraussetzungen für digitale Lösungen schafft.
Staatliche Förderung für Digitalisierungs-willige Unternehmen
Um bei der Digitalisierung noch schneller voranzukommen und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, insbesondere von kleinen und mittelständischen Betrieben (KMU) zu sichern, wurden zudem diverse Förderprogramme ins Leben gerufen. Diese unterstützen teils regionale Unternehmen, teils gelten sie bundesweit. Meist sind die Digitalisierungsförderungen so gestaltet, dass Kosten für externe Beratungsleistungen zu digitalen Themen vom Staat übernommen werden. Hier finden Sie unsere Übersicht über Förderprogramme zur Digitalisierung.
Gute Gründe, das eigene Unternehmen zu digitalisieren
- hohe Skalierbarkeit von Online-Geschäften
- Ansprache neuer und größerer Zielgruppen
- Online- und Offline-Geschäft befruchten sich gegenseitig
- neue Marktchancen durch digitale Geschäftsmodelle
- voranschreitender Ausbau der digitalen Infrastruktur
- staatliche Förderungen für Investitionen in Digitalisierung
Digitalisieren – gerne, aber wie?
Die Erstellung eines Online-Shops, die Optimierung einer Website, ein sinnvolles Online-Marketing: All das funktioniert nur mit entsprechendem Know-how und Erfahrung. Mein Team und ich unterstützen Sie gerne dabei, Ihr Geschäftsmodell perfekt digital abzubilden – mit zielgerichteten Maßnahmen und unabhängiger Beratung.
Weiterführende Links:
Digitalisierung in Deutschland – Lehren aus der Corona-Krise (Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie): https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Ministerium/Veroeffentlichung-Wissenschaftlicher-Beirat/gutachten-digitalisierung-in-deutschland.pdf
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Einzelhandel: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/bitkom-studie-digitalisierung-einzelhandel-101.html
Effekte der Corona-Pandemie auf den Online-Handel: https://www.iwkoeln.de/studien/christian-rusche-die-effekte-der-corona-pandemie-auf-den-onlinehandel-in-deutschland.html
Konsummonitor Corona 2021 (Handelsverband Deutschland): https://einzelhandel.de/index.php?option=com_attachments&task=download&id=10593
Digitalisierung im Gesundheitswesen: https://gesund.bund.de/digitalisierung-im-gesundheitswesen
Digitalisierung im B2B: https://www.digital-sales.de/digitalisierung-im-b2b-vertrieb/